Wie hälst du es mit der Demokratie? – von Eckhard Ernst Kupfer*

53 Prozent der Bevölkerung sind der Meinung, dass die Demokratie nicht die beste aller Regierungsformen sei und nur 42 Prozent glauben daran, dass sie einen Einfluss auf die Entscheidungen der Regierung haben. Dies ist das Ergebnis in einem Land, das gut funktioniert, das wirtschaftlich stabil ist und eine Vollbeschäftigung hat.

Wie würden dann erst die Zahlen in Brasilien aussehen, wo die Regierung gerade eine einstellige Akzeptanz erzielt, der derzeitige Präsident, wäre er Kandidat, keine zehn Prozent erreichen würde?

Dabei gehören Länder wie Deutschland und Brasilien noch zu dem Teil der funktionierenden Demokratien der Welt. Bedeutet dies, eine Demokratiemüdigkeit der Bevölkerung? Eines zeigt es bestimmt, die aktiven Politiker vertreten die Interessen des Volkes nicht mehr adequat. Sie sind zu einem Staat im Staat geworden, sie leben in ihrer Welt und entscheiden wie es ihnen nützt und von Vorteil ist. Sei es zur Absicherung ihrer eigenen Position oder gar, wie in Brasilien, zur Bereicherung ihrer Kassen und ihres Clans. Da ist einiges falsch gelaufen.

Wenn aber die Mehrheit der Bevölkerung keine demokratische Regierung mehr haben will, was wäre dann die Alternative? Den größten Zuspruch hat die Regierungsform der starken Führung. Man will geführt werden, will eine Person oder ein kleines Gremium haben, das entscheidet und dem Volk den Weg weist. Wenn man nun überlegt, dass diese Zeit der harten und egozentrischen Führer noch garnicht so lange her ist, in Deutschland etwas über 70 Jahre, in Brasilien etwas über 30 Jahre und in großen Teilen Europas gerade mal etwas mehr als 25 Jahre, dann muss man feststellen, dass sich die Demokratie nicht sehr gut verkauft hat. In Osteuropa gibt es heute bereits starke nationalistische Tendenzen, die in Polen und Ungarn demokratische Eckpfeiler zu schwächen drohen.

Tatsache ist, dass die Mehrheit der Länder unserer Erde keine wirklich offenen Demokratien sind und trotzdem funktionieren. Wir sehen, dass selbst die bisherige Weltmacht USA sich nun den Luxus leistet einen egozentrischen Showman zum Präsidenten zu wählen, der wenn er wirklich könnte, den großen Diktatoren in nichts nachstehen würde.

Was sind dies für Aussichten in dem gerade begonnen Jahrhundert? Positiv gesehen, viele Länder sind heute so stabil und laufen von selbst, siehe Deutschland und Brasilien, dass eine Regierung uns manchesmal nur noch wie eine Dekoration vorkommt. Negativ gesehen, die Zeit der vom Volk gewählten Diktatoren ist noch lange nicht vorbei, siehe Venezuela und die Türkei.

 
*Eckhard Ernst Kupfer ist deutscher Journalist, Direktor des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, Herausgeber der Jahrbücher des Instituts, Mitautor von “Fünf Jahrhunderte deutsch-brasilianische Beziehungen”, Kommentator der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 05 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br – Notícias.
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