Nach der Euphorie um Lula, der zwischen 2003 und 2008 wie der neue Heilsbringer Südamerikas gefeiert wurde, hat sich das Land spätestens seit der Amtsenthebung Dilma Rousseffs im Juni 2016 von der internationalen politischen Bühne abgemeldet.
Das war ganz natürlich, denn es gab genügend auf der innenpolitischen Ebene zu tun um die Regierung zusammenzuhalten. Außerdem haftete diesem Amtsenthebungsverfahren ein gewisser Geschmack bei, der in vielen westlichen Ländern als Staatsstreich angesehen wurde. Man hielt sich also am besten etwas fern.
Das bekam die Regierung bereits letztes Jahr zu spüren, als die deutsche Kanzlerin Angela Merkel bei ihrer Südamerikareise Brasilien überflog. Wenn man die Besucherliste des Außenministeriums anschaut, so wurden für 2017 lediglich die Staatsbesuche des Königspaars aus Schweden, des spanischen Ministerpräsidenten und des argentinischen Präsidenten verzeichnet. Etwas wenig für ein so großes und wichtiges Land.
Dieser Tage begann nun der nordamerikanische Außenminister Rex Tillerson, nach einem Jahr im Amt endlich seine Lateinamerikareise. Dabei stehen Besuche in Mexiko, Chile, Argentinien, Peru, Kolumbien und Jamaika auf dem Programm. Doch nirgendwo findet man Brasilien, das immerhin bei weitem größte Land des südamerikanischen Subkontinents. Das gibt zu denken. Entweder hat sich das amerikanische Außenministerium in der Reiseplanung vertan, oder aber die Einschätzung der Regierung Temer und der politischen Situation des Landes ist auf eine solch alarmierende Stufe abgesunken, dass man einen Besuch in Brasilia besser vermeidet. Dabei würde es durchaus wichtige Themen zu besprechen geben, denken wir nur an die Situation in Venezuela und die Flüchtlinge oder an den geplanten Einstieg von Boeing bei Embraer.
Sicher ist es für beide Seiten schade, dass dieser Besuch nicht zustande kommt, obwohl sowohl Präsident Trump als auch Präsident Temer am Weltwirtschaftsforum in Davos teilnahmen und sicher in Reichweite wohnten. Aber die Wege zwischen Washington und Brasilia scheinen derzeit so beschwerlich und steinig zu sein, wie eine Wanderung durch den Sertão.
Wer dies ausnützt ist das Reich der Mitte. China hofiert und investiert in Brasilien ohne sich um Regierungskoalitionen und Wahljahre zu kümmern. Dies zeigt die weitsichtige und langfristige Strategie der Herren in Peking.
*Eckhard Ernst Kupfer ist deutscher Journalist, Leiter des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, Herausgeber der Jahrbücher des Instituts, Mitautor von “Fünf Jahrhunderte deutsch-brasilianische Beziehungen”, Kommentator der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 05 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br – Notícias.
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