Deutschsprachige Zeitungen in Brasilien demnächst in digitaler Bibliothek

von  Maristela Garmes, UNESP – Universidade Estadual Paulista 'Júlio Mesquita Filho'
deutsche Fassung von Daniela Rothfuss, Instituto Martius-Staden
 

Das Projekt wird mit drei Zeitungen, die Ende des 19. und Anfang des 20. Jahrhunderts im Bundesland São Paulo gelesen wurden, beginnen. Der Zugang wird kostenlos sein.

Der Leiter des Martius-Staden Instituts, Eckhard E. Kupfer, hält die Partnerschaft für äußerst wichtig, da die UNESP die technischen Möglichkeiten der Digitalisierung und der späteren Bereitstellung des Materials besitzt. Der Zustand der Zeitungen ist prekär und die Digitalisierung wird den Umgang mit dem Material erleichtern. Nach Kupfer handelt es sich um  “wichtige historische Quellen, die darstellen wie früher das Leben der Deutschen in der Stadt São Paulo war.”

Insgesamt werden 55.000 Seiten digitalisiert. Bei den drei Zeitungen handelt es sich um die Deutsche Zeitung (die einzige noch existierende deutschsprachige Zeitung in São Paulo), die Germania (die von 1880 bis 1922 bestand) und den Deutsche Morgen (der zwischen 1931 und 1941 herausgegeben wurde). In der ersten Digitalisierungsphase werden die Germania und der Deutsche Morgen komplett bearbeitet. Die Deutsche Zeitung wird von 1897 bis 1919 abrufbar sein.

Besonders hervorzuheben ist die Zeitung “Deutscher Morgen”, die von der NSDAP, Ortsgruppe São Paulo, herausgegeben wurde. Nach Kupfer wird das Bestehen der Zeitung für viele Deutsche eine Neuigkeit sein, denn die nationalsozialistische Bewegung in São Paulo ist noch weitgehend unbekannt. Die Zeitung wird voraussichtlich in der zweiten Jahreshälfte in der digitalen Bibliothek abrufbar sein.

Die Germania und die Deutsche Zeitung hingegen waren frei von ideologischem Gedankengut und berichteten über Aktuelles aus Deutschland, der Welt und über das Leben der deutschen Kolonie in São Paulo. In den Zeitungen finden sich Artikel über die Wirtschaft, deutsche Firmen, Kurzgeschichten zur Unterhaltung, Briefe, Schulberichte, Geburts-, Todes, Heirats- und Taufanzeigen.

Laut Kupfer besitzt das Institut noch viele Zeitungen, die auf eine Digitalisierung warten. Der größte Teil des 19. und 20. Jahrhunderts wurde in Rio Grande do Sul und Santa Catarina herausgegeben. Das Institut besitzt nicht alle Zeitungen komplett, aber Ziel der Partnerschaft sollte es sein möglichst viele Zeitungen der deutschen Einwanderung miteinzubeziehen.

Das Martius-Staden Institut

Das Institut besitzt eine Bibliothek und ein Archiv zur deutschen Einwanderung. Im Archiv können über 200.000 Namen, Dokumente und Fotografien abgerufen werden. Die Bibliothek besteht aus ca. 80.000 Büchern, Zeitschriften, Mikrofilmen, Zeitungen, kleineren Veröffentlichungen, die fast alle über den Online-Katalog abrufbar sind. Es handelt sich um ein Forschungszentrum, das sich mit der deutschsprachigen Einwanderung, ihrer Literatur, Geschichte und Kultur beschäftigt.

Das Institut ging 1938 aus dem 1916 gegründeten Lehrer- und Schulverein für Mittelbrasilien hervor und gilt heute als Referenz im Bereich der Geschichte der deutschen Einwanderung und der Familienforschung.

Quelle: Martius-Staden Institut  – São Paulo
Kontakt: cfischer@martiusstaden.org.br