Kommentar 1456 | Die Macht der Worte

Einführung: Worte können Waffen sein, Worte können töten, aber was am

wahrscheinlichsten ist, Worte können ganze Gesellschaften verändern.

Nehmen wir das schöne deutsche Wort: Glücksspiel: Wer gerne spielt, will auch

gewinnen und wenn Erwachsene spielen, dann spielen sie besonders gerne um Geld.

Wer dabei Glück hat, gute Karten oder einen besonderes Gespür, der kann ganz schön

gewinnen, daraus ist dieses positive Wort in der deutschen Sprache entstanden.

Im Englischen ist man da schon etwas vorsichtiger, da wird der Schwerpunkt nicht auf

das Glück oder den Gewinn gelegt, sondern man bezeichnet den Spieler als ¨Gambler¨,

eher ein Hasardeur. Der Franzose drückt es noch detailhierter aus: ¨corrigé la fortune“,

das Glück korrigieren. Aber was wird in Brasilien aus dieser schönen Beschäftigung

gemacht? Ein Jogo de Azar, also ein Pech oder Unglücksspiel. Ein Land, das so positiv

und fröhlich ist und oftmals so leicht lebt, nennt das Glücksspiel ein Pechspiel. Da

steckt sicher mehr da hinter. Es ist ein Versuch dem Bürger klar zu machen, dass er

besser ehrlich sein Geld verdient und von gewagten Spielen die Finger lassen soll. Nur

ist der Staat wiederum nicht konsequent, er verbietet Casinos, die harmlosen

Bingospiele der älteren Damen, wirbt aber in allen Medien und an jeder Ecke für sein

eigenes Glücksspiel, das dann alle anderen Namen: MegaSena.

Ein anderes Beispiel der sprachlichen Manipulation: In Deutschland verwendet man

Pflanzenschutzmittel um das Ungeziefer fern zu halten. Im Englischen nennt dies dann

pesticides, aber was hat sich im brasilianischen Sprachgebrauch durchgesetzt:

Agrotoxicos, ein Pflanzenvergiftungsmittel. Wer würde da nicht dagegen sein. Man

könnte auch das Wort pesticidas verwenden, aber das findet man in keiner

Pressemitteilung. Der Mensch soll sich stets bewusst sein, dass er immer etwas

Vergiftetes zu sich nimmt.

Was aber in Wirklichkeit geschieht, die Sprache wird vegiftet. Man wird weiterhin an

Glücksspielen teilnehmen, im Stillen und mit Vorsicht, man wird weiterhin Tomaten,

Kartoffeln, Reis und Bohnen essen, aber mit einem schlechten Gewissen.

Diese Sprchmanipulation zu ändern oder gar zu vergessen ist schwer. Fangen wir bei

uns selbst an, wenn wir schon beim Kartenspiel Geld einsetzen, dann nehmen wir am

Glückspiel teil, und wenn wir schon kein organisches Gemüse essen, sondern ganz

normalas, dann ist es eben mit pesticidas behandelt worden, und wir werden trotzdem

noch eine Weile weiterleben.

Kupfer 1456, Radio 622 Text 17072022

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