Sie kommen aus Syrien, aus dem Irak, aber auch aus Afghanistan und aus afrikanischen Staaten, in denen Krieg, Unterdrückung, Hunger und Ausbeutung die Menschen in die Flucht treiben.
Eine solche Einwanderungswelle stellt eine Riesenherausforderung für den Staat, für die Gemeinden und die ganze Gesellschaft dar. Es müssen in kürzester Zeit Tausende von neuen Wohnungen für die Flüchtlinge gebaut werden. Langfristig kann man sie nicht in Zelten oder Massenunterkünften beherbergen. Das wäre für die Integration in die Gesellschaft überhaupt nicht förderlich. Schon heute ist klar, dass die meisten nicht so bald wieder in ihre Heimat zurückkehren können.
Zur Integration gehört auch, dass die Flüchtlinge hier bei uns rasch Arbeit finden. Über die Hälfte von ihnen ist jung und arbeitsfähig. Glücklicherweise herrscht in Deutschland ein Mangel an Fachkräften. Zur Zeit sind eine halbe Millionen Stellen unbesetzt. Ein Hindernis dürften allerdings mangelnde Sprachkenntnisse sein. Hier muss kräftig investiert werden.
Viele Flüchtlinge sind Muslime, wollen auch in Deutschland ihren Glauben ausüben, denn die Religion gehört zu ihrer Identität. Zu befürchten ist, dass die Konflikte zwischen den einzelnen Strömungen des Islam auch bei uns ausgetragen werden. Die Forderung nach einer Entpolitisierung des Islam ist daher durchaus berechtigt. Deutschland ist ein weltanschaulich neutraler Staat. Religion ist Privatsache.
Natürlich gibt es diverse Ängste, z.B. dass man den finanziellen Belastungen langfristig nicht gewachsen ist oder dass es zu Konkurrenzkämpfen zwischen Flüchtlingen und ärmerer Bevölkerung kommen könnte. Die Grundstimmung in der Bevölkerung ist aber zurzeit von Optimismus und Hilfsbereitschaft geprägt. Hoffen wir, dass das so bleibt.
*Henning Fülbier war neun Jahre lang beauftragter Sprachberater der deutschen Bundesregirerung bei Schulen mit Deutschuntericht in Rio Grande do Sul und Santa Catarina, mit Sitz in in Porto Alegre, Süd-Brasilien, und ist heute u. a. Korrespondent BrasilAlemanha in Berlin und dortiger Beobachter und Kommentator bei unserer Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden.