Der beliebteste Politiker in Deutschland genoss weltweite Reputation. Er konnte scharf analysieren und die Dinge knapp und präzise auf den Punkt bringen. Das machte ihn zu einem gefürchteten, aber zugleich respektierten Gesprächspartner.
Seine steile politische Karriere begann 1962 in Hamburg, wo er für die Polizei zuständig war. Bei einer der größten Unwetterkatastrophen wurden weite Teile der Hansestadt überflutet. Hier zeigte sich Schmidts überlegene Führungsqualität. Er organisierte mit Hilfe der Armee die Rettung zahlloser, vom Tod bedrohter Menschen. Das brachte ihm den Ruf eines geschickten Krisenmanagers ein.
Unter dem sozialdemokratischen Bundeskanzler Willy Brandt wurde Schmidt Finanz- und Wirtschaftsminister und schließlich 1974 der Nachfolger Brandts. In dieser Zeit machte die terroristische Rote Armee Fraktion durch spektakuläre Aktionen von sich reden. 1977 entführten palästinensische Terroristen eine Lufthansa-Maschine, um Gefangene frei zu pressen. Schmidt befahlt die riskante, aber erfolgreiche Stürmung des Flugzeuges und die Befreiung der Geiseln.
Nach seinem Rückzug aus der aktiven Politik 1982 arbeitete Schmidt viele Jahre als Herausgeber einer Wochenzeitung.
Helmut Schmidt spielte Orgel und Klavier, malte und liebte die Kunst. Trotz seines hohen Ansehens blieb er ein bescheidener Mensch. Politiker aller Parteien würdigten seine Verdienste für die europäische Integration. Viele Menschen in Deutschland trauern nun um einen klugen und beliebten „Ausnahme-Politiker“. Mit dem Tod des 96-Jährigen wird zugleich eine ganze Generation zu Grabe getragen.
*Henning Fülbier war neun Jahre lang beauftragter Sprachberater der deutschen Bundesregirerung bei Schulen mit Deutschuntericht in Rio Grande do Sul und Santa Catarina, mit Sitz in in Porto Alegre, Süd-Brasilien, und ist heute u. a. Korrespondent BrasilAlemanha in Berlin und dortiger Beobachter und Kommentator bei unserer Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden.