Sowohl das politische als auch das wirtschaftliche Brasilien befanden sich in den letzten 65 Jahren immer in einer Art Achterbahnfahrt. Mal war das Land ganz oben, wurde bewundert, gefeiert, als die kommende Weltmacht, dann ging es wieder abwärts, eine Krise durchschüttelte die Wirtschaft, Politiker und Andersdenkende wurden verfolgt.
So verging jedes Jahrzehnt mit Höhen und Tiefen. Die Bevölkerung aber wuchs, der Konsum wuchs, auch die Wirtschaft entwickelte sich weiter. Vielleicht nicht im gleichen Rhythmus wie in anderen Staaten, aber es ging doch immer irgendwie vorwärts. Politiker kamen und gingen, erst brachten sie sich selbst um, dann traten sie theatralisch zurück oder wurden ins Exil gejagt.
Das Land sollte militärisch gerettet werden, Andersdenkende wurden verfolgt, dann wurde überstürzt die Demokratie eingeführt, die sich aber bis heute mehr als ein oligarcher Klub sieht. Der erste frei gewählte Präsident wurde aus dem Amt gejagt, ehe man eines der Hauptprobleme anging, die Inflation. Dann schien es einmal wieder dass Brasilien den großen Sprung nach Vorne geschafft hätte, 16 Jahre lang ging es aufwärts, zwei Präsidenten standen dafür.
Vieles wurde unter dem Tisch verhandelt oder unter den Teppich gefegt und nun erhält einmal wieder das Land , sprich der Bürger, die Quittung. Nichts geht mehr.
Die Wirtschaft schrumpft, die Arbeitslosigkeit wächst, die Schulden steigen, die Inflation steigt und die Leitzinsen werden mit angehoben, was nun wirklich niemand versteht. Dazu befindet sich die politische Führung in einer „ patt“- Situation, einer lähmt den anderen, weil sie alle keine saubere Weste haben.
Ein Lichtblick ist jedoch das Verhalten der Bundespolizei und der Justiz. Noch nie in der Geschichte des Landes wurden die traditionellen Korruptionsverbindungen zwischen Politik und Wirtschaft so konsequent verfolgt wie derzeit. Sollte dieser Reinigungsprozess tatsächlich bis zum Ende durchgehalten werden, dann käme vielleicht ein neues Brasilien heraus.
*Eckhard E. Kupfer ist der Direktor des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, Kommentator der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br.
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