Was bleibt – von Eckhard Ernst Kupfer*

Sich erinnern ist ein wichtiger Teil des Menschen, ohne Erinnerung fehlt etwas, fehlt gar die Fähigkeit die Gegenwart richtig zu beurteilen und sich die Zukunft vorzustellen. Seit Sigmund Freud beschäftigen sich Psychologen und Therapeuten mit dem Phänomen der Erinnerung. Wie weit zurück kann sich ein Mensch erinnern? Ist dieses sich erinnern authentisch oder verklärt es sich im Laufe eines Lebens? Wie wirkt sich die Erinnerung auf Entscheidungen aus?

Ohne ein Fachexperte zu sein kann man sagen, dass die Erinnerung einen Menschen sein gesamtes Leben begleitet und bei anstehenden Entscheidungen entweder hilfreich oder aber auch hinderlich sein kann. Wenn ein Kind beim schnellen Treppen gehen herunter gefallen ist und sich verletzt hat, dann wird dies den Menschen den Rest seines Lebens vorsichtiger und bewusster hinab gehen lassen. Wenn ein Schüler vom Lehrer vor der gesamten Klasse bloß gestellt wird, kann das für den Rest seines Lebens Auswirkungen haben wenn er vor einem Publikum steht und frei reden soll. In beiden Fällen hilft oder bremst die Erinnerung.

Sie kann aber auch eine große Stütze bei der Persönlichkeitsentwicklung sein, „aus Fehlern lernt man“, ist ein sehr logisches und glaubwürdiges Sprichwort. In diesem Fall bedeutet erinnern Erfahrung. Wer sich erinnert was er in einer ähnlichen Situation falsch gemacht hat, hat die Möglichkeit dies im Wiederholungsfall zu korrigieren und besser zu machen. Ein großer Teil der Materie die wir uns in der Ausbildung angeeignet haben speichern wir für den Rest des Lebens und profitieren davon.

Kulturaustausch ließ Autoren aus der ganzen Welt zu Wort kommen, eine Frage wurde dabei immer wieder angesprochen: Wie weit zurück kann sich ein Mensch erinnern? Normalerweise gehen Psychologen davon aus, dass die Erinnerung bis in das 5. oder 6. Lebensjahr zurück reicht. Es gibt aber auch Menschen die sich genau an Ereignisse erinnern können die in ihrem 3. Lebensjahr stattfanden. In einem Fall soll eine Frau sich daran erinnert haben welches Taufkleidchen sie trug.

In solchen Fällen muss man jedoch fragen, ob es sich um eigenes Erinnern handelt oder von den Eltern und Verwandten berichtetes. Aufgrund von vielen Studien und Tests scheint es jedoch richtig zu sein, dass die ersten 20 Jahre eines Menschen für den Rest seines Lebens den überwiegenden Erinnerungsraum einnehmen. Es gibt Fälle, da die Erinnerung beträchtliche Lücken hat wenn es um Geschehnisse oder Namen aus der jüngeren Vergangenheit geht, aber jahrzehntelang zurückliegende noch bis ins Detail präsent sind.

Wir leben mit unserer Erinnerung und sollten sie pflegen.

*Eckhard Ernst Kupfer ist der Direktor des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, Kommentator der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br.
E-Mail: ekupfer@martiusstaden.org.br