Sein Ziel war es, die innerparteilichen EU-Kritiker mit einer Zustimmung zur Europäischen Union zum Schweigen zu bringen. Doch die immense Aktivität der Gegner und ihre populistischen Parolen sprachen viele Bürger an.
Besonders die Älteren und Rentner, die Menschen in den kleineren Städten und Gemeinden, denen das Gespenst der Fremdeninvasion vorgespielt wurde, denen versprochen wurde, dass das an die EU nach Brüssel bezahlte Geld dann in das nationale Gesundheitswesen gesteckt würde, kurz denen man glauben machen wollte, ein von der EU unabhängiges Großbritannien sei ein freies Land und könnte wieder goldene Zeiten erleben wie zur Zeit des Commonwealth und der weltweiten Kolonien. Ohne viel Arbeit würde wieder Milch und Honig fließen. Ein ziemlich reaktionäres Märchenbild.
Die Mehrheit in England und Wales fiel darauf rein. Es war eine knappe Mehrheit, aber eben eine demokratische, und das wird im traditionellen Land der Demokratie sehr ernst genommen, nicht so wie in Griechenland, wo ein Referendum nur eingehalten wird wenn es der Regierung passt.
Doch schon am nächsten Tag bemerkten, zumindest die Politiker, den Scherbenhaufen, der angerichtet wurde. Raus aus der EU würde bedeuten wirtschaftliche Isolierung, Zölle auf britische Waren in die EU, Bankenabwanderung aus der Finanzzentrale, der Londoner City, Verlust von billigen Arbeitskräften aus wirtschaftlich schwachen Ländern Europas und die Rücknahme von über einer Million UK-Bürger die im Rest Europas leben. Was würde man sich als Positives einhandeln? Herr der eigenen Nase zu sein, britische Politik wieder ganz alleine selbst zu gestalten.
Ob es dies wert ist? Der scharfe Wind kommt von Norden und dem Westen. Schottland will in der EU bleiben, Nord Irland auch. Schon formt sich dort ein Druck auf das Parlament in Westminister. Wenn Großbritannien sich tatsächlich aus der EU verabschieden würde, könnte sich Schottland für unabhängig erklären und in der EU bleiben. Nord Irland könnte sich mit dem Süden der Insel, mit Irland, vereinigen und wäre ebenfalls in der EU. Was übrig bliebe wäre ein „Klein-Britannien“.
Ob dies nach britischem Geschmack ist?
*Eckhard Ernst Kupfer ist deutscher Journalist, Direktor des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, Herausgeber der Jahrbücher des Instituts, Mitautor von “Fünf Jahrhunderte deutsch-brasilianische Beziehungen”, Kommentator der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 05 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br.
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