Schwaches Fleisch – von Eckhard Ernst Kupfer*

Schon Jesus sagte zu seinen Jüngern: “Konntet Ihr nicht einmal eine Nacht wach bleiben?” Und fügte dann resigniert hinzu: “Ja, der Geist ist willig aber das Fleisch ist schwach.” Dieser Bibelspruch muss wohl einem führenden Polizisten in den Sinn gekommen sein, als die Untersuchung des Verdachts auf Kommerzialisierung von verdorbenem Fleisch begann.

Mittlerweile hat sich dies zu einem handfesten und weltweiten Skandal ausgeweitet, denn wer will schon verdorbenes Fleisch essen? Weder die Brasilianer noch sonst jemand auf der Welt. Dabei hat das Land Jahrzehnte darum gekämpft als seriöser Fleischproduzent und Exporteur anerkannt zu werden. Lange Zeit stand die Krankheit der Maul und Klauenseuche als Hindernis dazwischen, inzwischen ist diese Krankheit unter Kontrolle und einem Erfolg des brasilianischen Fleischexports stand nichts mehr im Wege. Die größten Fleischfabriken stehen in Brasilien, die führenden Herstellungs- und Handelskonzerne sind brasilianische Firmen, werden an der Börse gehandelt, arbeiten mit den modernsten Maschinen, bilden ihre Lebensmittel-Ingenieure qualifiziert aus, und trotzdem gerät nun das ganze System in den Verdacht unsauber gearbeitet zu haben, die strengen Kontrollen unterlaufen zu haben und dafür gesorgt zu haben, dass schlechtes Fleisch in den Handel kommt.

Da kann man nur sagen, der Geist der Planung war perfekt, aber das Fleisch einiger Fabrikmanager und besonders der Kontrolleure aus dem Agrarministerium war schwach. Diese Schwäche hat in Brasilien aber ein System, sie findet man auf höchster Ebene, bei führenden Politikern, bei den wichtigsten Unternehmern, warum sollte also ein einfacher Fleischkontrolleur diese systemische Schwäche nicht auch haben und ein Produkt zertifizieren das eigentlich in den Abfall gehört. Natürlich nicht umsonst, jede Schwäche hat ihren Preis und dass am Ende der Kette dann auch noch die Gelder in Parteikassen geflossen sein sollen, zeigt wiederum, dass das planende Fleisch doch nicht so schwach gewesen sein kann, aber das hat ja der willige Geist entwickelt.

*Eckhard Ernst Kupfer ist deutscher Journalist, Direktor des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, Herausgeber der Jahrbücher des Instituts, Mitautor von “Fünf Jahrhunderte deutsch-brasilianische Beziehungen”, Kommentator der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 05 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br.
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