Brasilianischer Autor Luiz Ruffato in Berlin – von Henning Fülbier*

Der bewährte Übersetzer Michael Kegler hatte es unter dem Titel “Ich war in Lissabon und dachte an dich” ins Deutsche übersetzt.

Ruffato ist in Deutschland kein Unbekannter. Vor zwei Jahren hielt er auf der Frankfurter Buchmesse eine viel beachtete Rede. Darin äußerte er sich sehr kritisch zu Brasilien. Er verwies auf den Genozid an den Indianern und die Versklavung der schwarzen Bevölkerung, zwei tiefen Wunden, die bis heute nachwirkten.

Brasilien sei heutzutage eine tief gespaltene Gesellschaft: 500.000 Menschen, die in brasilianischen Gefängnissen sitzen, seien überwiegend arm, schwarz und schlecht ausgebildet. Auf der anderen Seite besäßen 10 % der Bevölkerung 75 % des Reichtums.

In dem neuen Buch “Ich war in Lissabon” beschreibt Ruffato, wie das frühere Einwanderungsland Brasilien seit einigen Jahren immer mehr zum Land der Auswanderer wird. Brasilianer brechen mit großen Hoffnungen und Erwartungen nach Europa auf. Sie hoffen, dort ein besseres Leben zu finden – und scheitern. Die Integration gelingt trotz aller Bemühungen nicht, sie bleiben zeitlebens Außenseiter, werden wegen ihrer andersartigen Sprache diskriminiert und als bedrohlich wahrgenommen.

Mit seinem neuen Werk hat Ruffato bei den Deutschen einen Nerv getroffen. Immer noch kommen Tag für Tag Tausende von Flüchtlingen zu uns, und die Frage, ob und wie man diese Menschen integrieren kann, spaltet die deutsche Gesellschaft. Vielleicht kann dieses Buch dazu beitragen, die Situation der eingewanderten Fremdlinge besser zu verstehen.

*Henning Fülbier war neun Jahre lang zuständig für die Fachberatung Deutsch in brasilianischen Gymnasien von Rio Grande do Sul und Santa Catarina und ist heute unser Beobachter und Kommentator in Berlin für die Radiosendung AHAI – Die Deutsche Stunde der Gemeinden und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br.
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