Demokratie und Pandemie – von Eckhard Ernst Kupfer* – Kommentar AHAI 1426, bl. 05

Einführung: Diese beiden Zustände sollten sich eigentlich nicht im Wege stehen, im Gegenteil. Aber weltweit wird gerade in der derzeitigen Pandemie, die Demokratiefrage gestellt.

Der US-Präsident Joe Biden hat am 10. Dezember eine virtuelle Konferenz zur Verteidigungder Demokratie eröffnet, an der 110 Regierungschefs teilnahmen. An der Zahl sieht man schon, von den 206 bei den Vereinten Nationen registrierten Ländern, nahmen nur etwas mehr als 50 Prozent teil. Dies könnte bedeuten, dass aus amerikanischer Sicht die restlichen 96 Länder nicht zu demokratischen Ländern zählen. Die grössten fehlenden waren China und Russland, die immerhin zusammen fast ein Drittel der Weltbevölkerung ausmachen.

Aber es ist schon so, die rosigen Zeiten für Demokratien scheinen vorbei zu sein, oder aber Demokratien stehen derzeit auf dem Prüfstand. Das hat verschiedene Gründe: Zum einen sind viele Länder der dritten Welt in Afrika und Asien noch nicht so weit, dass eine demokratische Struktur Bestand haben könnte, aber dann gibt es auch Länder wie Nicaragua, Venezuela, die Türkei und in Europa Ungarn, die zwar demokratische Wahlen durchführen, aber die regierende Macht sich wenig an die Regeln hält und im Zweifelsfalle unliebsame Kritiker einfach in Sicherheit bringt, sprich sie einsperrt.

Aber auch in den traditionellen demokratischen Ländern wie der USA und in Europa wächst die Unzufriedenheit mit der Demokratie. Wir erinnern uns noch an die versuchte Besetzung des amerikanischen Kongresses durch Trump-Anhänger, die seine Wahlniederlage mit Gewalt korrigieren wollten. In Europa entwickelte sich in den letzten Jahren ein Trend zu rechtsradikalen Parteien.

Die Pandemie hat diese Bewegung noch gefördert, denn ob die Regierungsverantwortlichen wollten oder nicht, sie mussten die freiheitliche Bewegung einschränken und diskutieren heute über eine allgemeine Impfpflicht. Es gibt aber eine recht beachtliche Minderheit, die sich damit nicht abfinden will und sich in ihren Grundrechten eingeschränkt fühlt. Es wird demonstriert, teilweise sogar mit Gewalt, und es werden Politiker bedroht und verfolgt.

Man muss sich dabei fragen, hat in einer Pandemie der Staat das Recht den Bürger zu zwingen sich impfen zu lassen? Oder hat der Bürger das Recht sichselbst zu entscheiden? Solange er damit keinen anderen in Gefahr bringen würde, könnte man dieses Argument vertreten. Da die diversen Wellen der Pandemie aber extrem ansteckend sind, kommt die Sicherheit der Mehrheit vor dem Individualrecht des einzelnen.

Eckhard Ernst Kupfer, deutscher Journalist, pensionierter Leiter des Martius-Staden-Instituts, wohnhaft in São Paulo, SP.