Diese Universität schaut heute als erste moderne Bergakademie der Welt auf eine besondere Tradition: gegründet wurde sie im Jahre 1765 als metallurgisch chymische Schule mit Mineraliensammlung, Bibliothek und Studienstipendien. Sie gehörte zum Programm des reformierenden Aufbaus in Sachsen, welches durch Krieg, Korruption und Verschwendungssucht der Adeligen finanziell am Abgrund stand. Der Aufstieg sollte unter anderem durch Nutzung von Bodenressourcen und chemischer Analyse gelingen, der Bergbau stellte damit einen Ausweg aus der Krise der Energieversorgung dar. Durch die zukünftige Nutzung von Steinkohle aus dem Bergbau sollte auch der zunehmenden Mangel an Holz umgangen werden und gleichzeitig die schwindenden Wälder geschützt werden. Ein schweres Erdbeben im Jahre 1755 in Portugal beschleunigte zudem die Gründung von Akademien für die Erforschung der Erdkruste und so wurde im Jahre 1786 eine internationale Gesellschaft für Bergbaukunde gegründet.
1790 wurden an der Bergakademie Freiberg die Bodenschätze im Raum Sachsen systematisch erfasst und mineralogische Karten erstellt. Mittlerweile nannte sich das Studienfach auch so wie wir es heute noch kennen: Geologie. Berühmte Persönlichkeiten wie der deutsche Naturforscher Alexander von Humboldt oder der deutsche Schriftsteller Novalis studierten an dieser Universität. Novalis‘ Abschlussarbeit bereitete den Beginn des mitteldeutschen Braunkohletagebaus vor und mit ihr den Beginn der industriellen Revolution Mitte des 19. Jahrhunderts in Deutschland.
In der heutigen Zeit, im Jahre 2016, denkt man über den Bergbau zur Gewinnung von Bodenschätzen allerdings anders: anstatt immer mehr Ressourcen aus dem Erdinneren zu Tage zu fördern, denkt man inzwischen über eine dauerhafte Kreislauf-Ökonomie nach: reduzieren, recyceln und wiederbenutzen sind die neuen Schlagworte der nachhaltigen Rohstoffwirtschaft. Die Universität Freiberg hat hierzu im Jahre 2012 ein „Weltforum der Ressourcen Universitäten für Nachhaltigkeit“ gegründet. Ihr Ziel ist es, Wege zu erforschen und zu lehren, wie Stoffkreisläufe geschlossen werden können, ohne dass man ständig neue Ressourcen aus dem Erdinneren holen muss. Weltweit machen inzwischen rund einhundert Universitäten mit, insgesamt eine begrüßenswerte Entwicklung.
Ich wünsche Ihnen damit ein schönes Wochenende und grüße Sie aus Estrela,
Ihre Anja Dullius
*Anja Dullius ist Mikrobiologin aus dem Bodensee-Gebiet im Süden Deutschlands, Kommentatorin der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 02 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br. Sie lebt mit ihrem Ehemann Carlos und den drei Kindern in einer ausgeprägt deutschstämmigen Gemeinde bei Estrela, RS. Beruflich arbeitet sie als Wissenschaftlerin in einem Chemieunternehmen für ein Biogasprojekt, gefördert vom CNPq, entwickelt biotechnologische Produkte und ist an der Universität UNIVATES in Lajeado an einem Projekt zur Untersuchung von Milchsäurebakterien beteiligt. Email: dulliusanja@gmail.com.