Die deutschen Wurzeln in Brasilien – von Eckhard Ernst Kupfer*

Die organisierte Immigration nach Brasilien begann 1824 als Pedro I. nach der Unabhängigkeit seine Südgrenzen gegen die Invasionen der hispanischen Länder schützen musste. Emissäre, wie der Major Georg Anton Schäffer, warben und kontraktierten Soldaten und Auswanderungswillige aus den armen Regionen der deutschen Länder. Wie bestens bekannt, liessen sich die ersten Einwanderer im Vale do Sinos, genau gesagt in São Leopoldo nieder.

Dort entwickelte sich ein neues soziales Leben, das aber immer von der Erinnerung an die alte Heimat geprägt war. Nach und nach weitete sich dies Einwanderungswelle auf den gesamten Staat Rio Grande do Sul sowie auf Santa Catarina aus. Das ging soweit, dass die deutsche Kultur in dieser Region vorherrschend war und unter der Regierung Hitler man den Süden Brasiliens als fünfte Kolonie betrachtete.

Doch der zweite Weltkrieg und seine Folgen veränderten auch das Leben der Menschen im Süden Brasiiens völlig. Plötzlich wurde die Sprache verboten, die Schulen geschlossen, die Gottesdienste mussten nur noch auf Portugiesisch gehalten werden, was viele Menschen im Innern nur beschränkt verstanden. Kurz die deutsche Kultur wurde praktisch ausgelöscht.

Dieser Tage rief mich ein Freund aus Porto Alegre an und erzählte, dass damit die deutsche Kultur bis heute noch nicht ihre Bedeutung wieder erlangt hätte, die sie vor dem Krieg besass. Trotz Schützenvereinen, Tanzgruppen und Oktoberfesten, sei das Verhältnis zu Deutschland nicht zu einer Normalität zurückgekehrt.

Zwar sei man wieder stolzer auf seine Wurzeln aber dies in praktische Ergebnisse umzusetzen gelinge in Rio Grande do Sul immer noch nicht. Dies würde sich zum Beispiel im politischen und gesellschaftlichen Leben auswirken. Selbst in der Zeit der Wiederannäherung beider Länder hätte man den Süden gemieden und sich lieber auf São Paulo konzentriert.

Dies ist eine individuelle Meinung eines deutschstämmigen Gauchos, aber Tatsache ist, dass wir heute in Brasilien verschiedene deutsche Kulturen haben. In Rio Grande do Sul und Santa Catarina eine auf die Vergangenheit bezogene und im Staat São Paulo weit enger mit der Gegenwart verbunden. Oft hat man den Eindruck, dass es sich um zwei Inseln handelt, die sich gegenseitig fremd sind.