Freiheit in einer Gemeinschaft – von Ekhard Ernst Kupfer*

Auf der einen Seite des Kanals versteht man nur schwer wie ein großer Teil des Königsreiches sich gegen den sogenannten Fortschritt, sprich ein vereintes Groß-Europa, aussprechen konnte und es lieber vorzieht in ihre „splendid isolation“ zurückzufallen. Dieser Teil, der sich für den Brexit aussprach, hat aber genau vor diesem Groß-Europa Angst und sieht mehr Nach als Vorteile. Dies trifft ganz besonders auf die gesamteuropäische Verwaltung zu, die wie ein Monster in Brüssel sitzt und sich mit der Größe der Tomaten und der Form der Bananen auseinandersetzt. Zu allem gibt es Verordnungen, die häufig auf nationaler Ebene auf Unverständnis stoßen.

Dann kommen die Ressentiments dazu, gegen Menschen aus verschiedenen Ländern, es wird die Geschichte ausgegraben und alte Vorurteile tauchen wieder auf. Dazu kommen noch die offenen Grenzen, die jedem EU-Bürger die Freiheit geben sich niederzulassen und zu arbeiten wo es für ihn am besten ist und zu allem Überfluss stehen hunderttausende von Flüchtlingen aus Afrika und dem Nahen Osten an den Grenzen Europas.

Das hat die Emotionen vieler Bürger aufgewühlt und zurückblicken lassen in eine Vergangenheit, die so perfekt auch nicht war, aber der Rückblick verfärbt den klaren Sinn und lässt auch das Negative wieder rosarot erscheinen.

Ein Argument aber wurde an leichtesten und schnellsten verstanden, unsere Freiheit. Freiheit ist eines der höchsten Güter der Menschen und bedeutet, dass ich meine eigenen Entscheidungen treffen kann und leben kann wie es mir gefällt. Auch wenn sich jeder an Gesetze und Regeln halten muss, dann werden aber diese in meiner engeren Gemeinschaft, meiner Stadt und meinem Land noch eher verstanden, als diese die eine unsichtbare Zentralverwaltung verordnet.

Es entsteht das „Schloss-Syndrom“, von Franz Kafka in seinem berühmten Roman gleichen Namens beschrieben. Dort im Schloss sitzt eine unsichtbare Macht die über mich urteilt und mich verwaltet, zu der ich nie gelangen kann. Mit diesem Argument gewannen die Verführer, die Menschen die von „good old England“ träumen und im Kontinentaleuropa ihren natürlichen Feind sehen.

Freiheit aber, kann nur durch mehr Demokratie und nicht durch eine straffe Zentralverwaltung gewährt werden. Dieser Wunsch verbreitet sich auch in anderen europäischen Ländern, dabei müssen die heutigen Anführer aufpassen, dass sie den großen Traum eines offenen Gesamteuropas nicht leichtfertig verspielen. 

*Eckhard Ernst Kupfer ist deutscher Journalist, Direktor des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, Herausgeber der Jahrbücher des Instituts, Mitautor von “Fünf Jahrhunderte deutsch-brasilianische Beziehungen”, Kommentator der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 05 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br.
E-Mail: ekupfer@martiusstaden.org.br