Das watteartige Weiß vermittelt einen besonderen Frieden wenn die Schneeflocken beträchtlich vom Himmel fallen und eine verheißungsvolle Stille, wenn man einen einsamen Winterspaziergang an der frischen Luft unternimmt. Ein Bummel über den Weihnachtsmarkt mit den vielen glänzenden Lichterketten, dem Duft von Weihnachtspunsch, Glühwein oder frischgebackenem Lebkuchen lässt das Gefühl der Heimat und Verbundenheit aufkommen. Und das alle Jahre wieder. Doch dieses Jahr nicht für alle. Denn seit gut zwei Jahren kommen Menschen aus weiter Ferne, geflohen von Unmenschlichkeit und Krieg nach Deutschland und erleben teilweise Weihnachten das erste Mal. Ich habe mich kürzlich gefragt wie diese Menschen die Vorweihnachtszeit oder gar Weihnachten erleben mögen und prompt einen schönen Bericht darüber in der Zeitung gefunden.
Viele Flüchtlinge wissen, dass das Weihnachtsfest für die Christen ein wichtiger Tag ist, doch was genau da gefeiert wird und für allem wie, das ist für viele etwas ganz Neues. Und obwohl sie einer anderen Religion angehören, sind einige so wissbegierig, dass sie sich eingehender damit beschäftigen wollen. Ein Flüchtling erzählt, er lese gerade die Bibel auf Englisch und findet sogar Gemeinsamkeiten zwischen dem Islam und dem Christentum. Ein anderer berichtet, ihm gefalle die Tradition des Weihnachtsmarktes und bekam sogar eine Tasse Punsch und einen Lebkuchen geschenkt. Ein Flüchtlingskind aus Syrien hat sich ganz besonders über die Weihnachtsplätzchen gefreut, weil in seiner Heimat ebenfalls Plätzchen gebacken werden, nur eben zu einem anderen Anlass. Den 17-jährigen Mustafe aus Somalia hat besonders die Eröffnung des Nürnberger Weihnachtsmarkts beeindruckt: „Da waren so viele Menschen – und plötzlich wurde alles ganz still“.
Statistisch gesehen sind unter den Flüchtlingen, die bisher nach Deutschland gekommen sind, nur etwa 16% Christen. Als typisch christliche Veranstaltung hätten sie die Adventszeit nicht wahrgenommen, eher als „typisch deutsch“. Den Weihnachtbaum in der Kirche, der Gottesdienst an Heiligabend und die Geschenke an die Kinder sind ihnen schon als eigene Tradition bekannt. „In meinem Heimatland wurde es als Christ zu gefährlich“, berichtet Boshra aus Syrien. Ihre Familie war in Syrien einst wohlhabend, heute ist sie froh es bis nach Deutschland geschafft zu haben und lebt momentan noch in einem Flüchtlingsheim. Die vielen Lichter und geschmückte Straßen in Berlin mache sie glücklich. Außerdem kann sie nun jeden Sonntag wieder in die Kirche; das ist für sie wie ein Stückchen Heimat.
Wer für Flüchtlinge in Deutschland seine Tür in der Adventszeit öffnen möchte, kann sich auf der Internetseite „Welcome-Dinners.de“ anmelden und Menschen, die von so weit her flüchteten für einige Stunden zu sich nach Hause einladen und so bei einem gemeinsamen Abendessen begegnen.
Bei so viel Nächstenliebe und Entgegenkommen wünsche ich Ihnen liebe Zuhörer des AHAI ein besinnliches und gesegnetes Weihnachtsfest und kommen sie gut ins Neue Jahr. Es grüßt Sie aus Estrela,
Ihre Anja Dullius
*Anja Dullius
Doutoranda em Biotecnologia PPGBiotec UNIVATES, Brasil
PhD fellow in Biotechnology, PPGBiotec UNIVATES, Brazil
Tradução de artigos acadêmicos para o inglês e alemão.
Anja Dullius ist Mikrobiologin aus dem Bodensee-Gebiet im Süden Deutschlands, Biotechnologe-Doktorandin an der UNIVATES-Universität Lajeado im südbrasilianischen Staat Rio Grande do Sul, Kommentatorin der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 02 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br. Sie lebt mit ihrem Ehemann Carlos und den drei Kindern in einer ausgeprägt deutschstämmigen Gemeinde bei Estrela, RS. Beruflich arbeitet sie als Wissenschaftlerin in einem Chemieunternehmen für ein Biogasprojekt, gefördert vom CNPq, entwickelt biotechnologische Produkte und ist an der Universität UNIVATES in Lajeado an einem Projekt zur Untersuchung von Milchsäurebakterien beteiligt. E-mail: dulliusanja@gmail.com .