Das Tier hatte keine Chance und verendete nach kurzer Zeit. Ich stand zwar unter Schock, aber ansonsten waren mir nicht viel passiert. Der nächste Ort war weit weg, doch ich hatte Glück und konnte mit dem Handy die Polizei verständigen. Bis die Beamten bei mir waren, musste ich jedoch lange warten.
Trotz der Dunkelheit und der Abgeschiedenheit des Unfallortes stoppten zahlreiche Autofahrer und boten mir ihre Unterstützung an. Ich war beglückt von der Hilfsbereitschaft der Menschen. Diese begaben sich in der Nacht in einem dunklen Wald selbst in Gefahr, um mir behilflich zu sein.
Die deutsche Hilfsbereitschaft wird immer wieder als etwas Besonderes in der Öffentlichkeit hervorgehoben. Sie zeigt sich etwa daran, dass regelmäßig viel Geld für Notleidende, z.B. für die Opfer von Naturkatastrophen, gespendet wird. So kamen allein im vergangenen Jahr 5 Milliarden Euros an Spenden zusammen.
So beeindruckend diese Zahl auch sein mag, wissenschaftliche Untersuchungen zur deutschen Hilfsbereitschaft kommen aber zu einem differenzierteren Bild. Im Alltag sieht es mit der Solidarität nämlich gar nicht so gut aus. Schwangere oder alte Menschen warten in einem überfüllten Bus oft vergeblich, bis ihnen endlich jemand seinen Platz anbietet.
Eine besondere Warteschlange in Banken oder Flughäfen für Menschen mit Handicaps wie in Brasilien kennt man bei uns nicht. Und was die Hilfsbereitschaft und Akzeptanz gegenüber Flüchtlingen und Asylbewerbern betrifft, da muss man in Deutschland wohl noch einiges dazulernen.
*Henning Fülbier war neun Jahre lang beauftragter Sprachberater der deutschen Bundesregirerung bei Schulen mit Deutschuntericht in Rio Grande do Sul und Santa Catarina, mit Sitz in in Porto Alegre, Süd-Brasilien, und ist heute u. a. Korrespondent BrasilAlemanha in Berlin und dortiger Beobachter und Kommentator bei unserer Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden.
Audio: AHAI 1085 – ab Freitagmorgen bei BrasilAlemanha/Programa AHAI – Bloco 01.