Lava Jato bye, bye – von Eckhard Ernst Kupfer*

Reflektieren wir: Urplötzlich hatte die Polizei vor den Mächtigen aus der Wirtschaft und Politik keinen Respekt mehr und ermittelte detailliert, dazu fand sich auch noch eine Staatsanwaltschaft die in die gleiche Richtung arbeitete, und zum guten Zusammenspiel fand sich auch noch ein Richter, der vor Namen und Machtpositionen keine Angst hatte und sie nacheinander verhörte und sogar einsperrte. Der Höhepunkt wurde Anfang Mai erreicht, als selbst der heroische Ex-Präsident hinter Gitter musste.

In diesem für Brasilien einmaligen Vorgehen, wurden die Urteile der ersten Kammer auch noch von der zweiten Instanz bestätigt. Damit glaubten nun viele ehrenwerte Bürger daran, dass sich im Land endlich etwas ändern würde, und zwar zum Besseren. Doch es gibt ja noch eine dritte Instanz und vor allem  einen obersten Gerichtshof. Dieser ist keineswegs nur von Richtern besetzt die ihre Karriere durch die Instanzen der Justiz gemacht haben. Diese elf Richter wurden von den jeweils amtierenden Präsidenten ausgewählt und ernannt und können nicht abgewählt werden. Obwohl Richter dazu verpflichtet sind nur nach dem Gesetz zu handeln, sind es schließlich auch Menschen die eine persönliche Meinung und eine gesellschaftliche Tendenz besitzen.

Nachdem nun in den letzten Jahren die Regierung, sprich Präsidentin und derzeitiger Präsident immer schwächer wurden, der Kongress einem aufgescheuchten Hühnerstall gleicht, war es unvermeidlich, dass das oberste Gericht als Garant der Verfassung aktiver werden musste. So ist es heute gang und gebe, dass dort politische Entscheidungen getroffen werden, für die eigentlich der Kongress zuständig wäre.

Was sich aber derzeit abspielt, überschreitet die Grenzen eines objektiven Gerichts, das nur der Wahrheit, dem Gesetz und dem Recht verpflichtet ist. Wenn ein Richter und zukünftiger Präsident dieses obersten Gerichts seinen ehemaligen Chef, der seit 2007 bereits in unzählige Korruptionsverfahren verwickelt ist und schon mehrmals in zweiter Instanz verurteilt wurde, ohne Auflagen auf freien Fuss setzt, dann kann dies kein logisch und objektiv denkender Bürger akzeptieren. In einer normalen Demokratie hätte sich Richter Toffoli als befangen erklären und diesen Prozess an einen Kollegen abgeben müssen. Aber es scheint, dass der Klüngel nun auch ganz oben angekommen ist und dies läßt nichts gutes erwarten. Es lebe die Rückkehr der Pizza.

*Eckhard Ernst Kupfer ist deutscher Journalist, Direktor des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, Herausgeber der Jahrbücher des Instituts, Mitautor von “Fünf Jahrhunderte deutsch-brasilianische Beziehungen”, Kommentator der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 05 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br – Notícias.
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