Nein, Liebesschlösser sind ganz simple Vorrichtungen, mit denen man z.B. einen Hühnerstall sicher verschließen kann.
Zwei Menschen haben sich gerade frisch verliebt. Sie kaufen sich so ein Metallschloss, schreiben ihre beiden Namen darauf und begeben sich auf eine Brücke. Dort schauen sie sich tief in die Augen, machen ein Selfie, befestigen dann das Schloss am Brückengeländer, schließen ab und werfen den Schlüssel ins Wasser. So, wie der Schlüssel für alle Zeiten versinkt, es sei denn ein Fisch findet und frisst ihn, so soll auch ihre Liebe ewig Bestand haben. Das hoffen die beiden jedenfalls.
Und mit ihnen Millionen Menschen. Überall auf der Welt kann man solche Bekenntnisse auf Liebesschlössern finden: in Paris, in Moskau, in New York, in Berlin, in São Paulo, ja selbst an der Chinesischen Mauer. Meistens auf Brücken. An der berühmten Kölner Hohenzollernbrücke hängen allein 40.000 Schlösser mit einem geschätzten Gewicht von mehreren Tonnen. In Paris brachen im letzten Jahr Teile eines Geländers unter der Last von vielen Schlössern zusammen.
Liebesschlösser sind mancherorts zu einer richtigen Plage geworden. Im Internet tobt seither eine heftige Schlacht zwischen Anhängern und Gegnern solcher öffentlicher Liebesbekenntnisse. Wer gegen die Schlösser ist, weil sie schöne alte Brücken und die Umwelt gefährden, wird als unromantisch kritisiert. Doch man kann sich auch fragen, ob so ein Liebesschloss überhaupt noch zeitgemäß ist, wenn unter seiner Last Brücken einzustürzen drohen.
*Henning Fülbier war neun Jahre lang beauftragter Sprachberater der deutschen Bundesregirerung bei Schulen mit Deutschuntericht in Rio Grande do Sul und Santa Catarina, mit Sitz in in Porto Alegre, Süd-Brasilien, und ist heute u. a. Korrespondent BrasilAlemanha in Berlin und dortiger Beobachter und Kommentator bei unserer Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden.