Meinungsbildung durch die Sprache – von Eckhard Ernst Kupfer*

Die Sprache ist das wichtigste Kommunikationsmittel unter Menschen. Dies unterscheidet uns von allen anderen Lebewesen. Dabei hat sich aber diese Sprache im Laufe der Menschheit enorm verändert. Ob wir nun an den Turmbau von Babel glauben oder nicht, mit der Völkerwanderung und der Vermehrung der Menschheit haben sich immer mehr Sprachen gebildet und das Verstehen untereinander wurde nicht einfacher sondern immer schwieriger. Hätten wir eine Weltsprache, bräuchten wir keine Übersetzer und Interpreten, aber dies ist eine neue Aufgabe für die Technologie.

Selbst innerhalb einer Landesprache gibt es eine ganze Menge von Interpretationen und diese können in ihrem Ausdruck bereits eine Meinung und ein Vorurteil ausdrücken, das eine gesamte Aktivität oder einen gesamten Lebensbereich negativ beurteilen kann. Nehmen wir als Beispiel das in Brasilien weitverwendete Wort “agrotóxico”, es beinhaltet bereits eine negative Impression gegenüber allen chemischen Produkten die zum Schutze von Pflanzen benutzt werden.

Im Deutschen, und in dieser Sprache ist man besonders vorsichtig heißt das Produkt “Pflanzenschutzmittel”. Es ist offensichtlich, wenn wir “agrotóxico” hören denken wir an etwas gefährliches, gesundheitsschädliches, kurz ein negatives Produkt das man vermeiden sollte. Das deutsche Wort drückt etwas völlig anderes aus, es schützt die Pflanzen vor Schädlingen.

Im Englischen benutzt man das Wort: “pesticide” ins portugiesische übersetzt “pesticide”. Was der Realität viel mehr entspricht, die Pflanze wird vor Pest geschützt. Aber in welchen Populärveröffentlichungen taucht letzteres auf?

Ein anderer Begriff wird für ein Spiel verwendet das in Brasilien offensichtlich verboten ist, aber trotzdem durchgeführt wird: “jogo de azar”, wer wird schon ein Unglückspiel spielen wollen? Eigentlich nur ein hoffnungsloser Mensch. Der Deutsche sieht das völlig anders, dasselbe Spiel heißt im Sprachgebrauch “Glücksspiel”. Wer versteht dies nun? Was dem Deutschen Glück bringt soll dem Brasiliander Unglück bringen? Es scheint sich hierbei um eine offizielle Manipulation der Sprache zu handeln, damit der Bürger die Finger davon lässt.

Allein an diesen beiden Begriffen kann man erkennen wie der Mensch durch die Umgangssprache manipuliert wird.

*Eckhard Ernst Kupfer ist deutscher Journalist, Direktor des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, Herausgeber der Jahrbücher des Instituts, Mitautor von “Fünf Jahrhunderte deutsch-brasilianische Beziehungen”, Kommentator der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 05 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br – Notícias.
E-Mail: ekupfer@martiusstaden.org.br
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