Ich könnte Ihnen noch eine Minute weiter vorlesen, denn die Liste ist lang. Ja, sie werden es sich schon gedacht haben. So viele verschiedene Milchprodukte! Und davon gibt es in Deutschland jede Menge, denn die Verarbeitung von Milch hat in Deutschland eine lange Tradition. Gegenwärtig gibt es 26 verschiedene Milchproduktgruppen.
Außer den klassischen Milchprodukten, Butter, Joghurt, Sahne, Quark und Käse, gibt es eine Reihe innovativer und traditionelle Produkte, wie Buttermilch, saure Sahne, Schmand oder Getränke aus Molke. Traditionelle Milchprodukte, wie Crème fraîche aus Frankreich oder Kefir aus der Türkei, haben in Deutschland ebenfalls einen Platz gefunden. Milchprodukte, wie Joghurt und Quark gibt es mit allen erdenklichen Fruchtzusätzen, Quark oder der französische Crème fraîche sind zugesetzt mit Kräutern.
Einige Milchprodukte, wie Buttermilch oder Molke, sind in anderen Ländern Abfälle, auf die kein Wert gegeben wird und zur Abwasserbehandlung weitergeleitet werden. Anders in Deutschland: Buttermilch wird als probiotisches Lebensmittel gerne einfach so getrunken, zum Backen benutzt, oder sogar zum Mixen von leckeren Drinks, hier wohl eher als „batidas“ bekannt, verwendet. Ebenso die Molke: was hier in Brasilien teils in der Abwasserbehandlung landet, wird in Deutschland noch zur Produktion von weiteren Lebensmitteln verwendet. Aus den Molkenproteinen wird zum Beispiel Ricottakäse hergestellt. Das übrigbleibende Molkenserum wird zu Herstellung von Erfrischungsgetränken mit Fruchtkonzentrat, Gewürzen, Aromen und Zucker weiterverwendet. Zur Not kann man daraus sogar Bier brauen.
Ein weiteres, beliebtes Milchprodukt ist der Käse. Im Jahr 2015 lag der pro-Kopf-Verbrauch bei 24,5 kg. Zwar hat Deutschland mit 150 verschiedenen Käsesorten längst nicht so viele wie Frankreich, dennoch hat die Herstellung von Käse auch in Deutschland eine lange Tradition. Im Mittelalter war käsen eine Art Haltbarmachung der Milchproduktion. So gibt es in Deutschland noch Käsereien, die auf eine jahrhundertelange Tradition zurückblicken können. Ein kleiner Geheimtipp: In der Fakultät „La Salle“ von Estrela in Rio Grande do Sul gibt es vom 23. bis 30. September einen Kurs über die Kunst des Käsens, bei dem jeder natürlich auch seinen eigenen Käse herstellen lernt. Probieren Sie es doch einfach aus.
Ihnen eine schönes Wochenende, ich grüße Sie aus Estrela, RS.
Ihre Anja Dullius
*Anja Dullius ist Mikrobiologin aus dem Bodensee-Gebiet im Süden Deutschlands, Kommentatorin der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 02 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br. Sie lebt mit ihrem Ehemann Carlos und den drei Kindern in einer ausgeprägt deutschstämmigen Gemeinde bei Estrela, RS. Beruflich arbeitet sie als Wissenschaftlerin in einem Chemieunternehmen für ein Biogasprojekt, gefördert vom CNPq, entwickelt biotechnologische Produkte und ist an der Universität UNIVATES in Lajeado an einem Projekt zur Untersuchung von Milchsäurebakterien beteiligt. Email: dulliusanja@gmail.com.