Präsidentenwahl 2018 – von Eckhard Ernst Kupfer*

Dabei wird natürlich den Kandidaten um das Präsidentenamt die größte Aufmerksamkeit geschenkt werden, denn sie sollen es ja sein, die das Land in den nächsten vier Jahren in eine hoffentlich bessere Zukunft führen. Schon lange war zwei Monate vor dem ersten Wahlgang die Situation so unentschieden gewesen wie dieses Jahr, der in Umfragen meistgenannte Kandidat kann möglicherweise nicht gewählt werden, weil er im Gefängnis sitzt. Der zweitplazierte vertritt recht extreme Ansichten die kaum eine Mehrheit finden werden und außerdem hat er keinen großen Rückhalt auf der breiten politischen Ebene. Die übrigen Kandidaten haben zwar teilweise eine recht umfangreiche politische Erfahrung, kommen aber vielleicht gerade deswegen beim Wähler nicht an.

Doch man sollte eines nicht vergessen, bei dieser Wahl kommt es mehr als bisher auf die Kongress- und Senatsabgeordneten an, denn wer auch immer in den Präsidentenpalast gewählt werden wird, ohne eine vertauensvolle und sichere Mehrheit in beiden Häusern kann kein neuer Präsident wirklich regieren. Da aber besonders das Abgeordnetenhaus sich nahezu wie bunter Zirkus zusammensetzt, aus mehr als 35 Parteien und völlig unterschiedlichen Interessenvertretern, ist eigentlich die Wahl der Abgeordneten fast noch wichtiger als die des Regierungschefs. Der Wähler sollte wirklich genau hinsehen welchem Abgeordneten er seine Stimme gibt und für welche Interessen er steht.

Eine dieser Tage veröffentlichte Statistik zeigte, dass der Kongress sich im wesentlichen in drei Gruppen aufteilt: öffentliche Staatsangestellte, Interessenvertreter der evangelikalen Freikirchen und der mächtigsten Gruppe, Vertreter der Land- und Viehwirtschaft. Dabei sollte man sich die Frage stellen, wer vertritt am ehesten meine Interessen, meine Lebensqualität, und wer sorgt am ehesten dafür das das Land wieder wächst, dass vernünftige Gesetze verabschiedet werden und dass zukünftig der Staatshaushalt kein Selbstbedienungsladen mehr ist aus dem sich jeder nach Lust und Laune bedienen kann.
Wenn wir einen Vertreter finden, der unserer Ansicht und unserer Ethik am nächsten kommt, dann sollten wir nicht zögern ihn zu unterstützen, denn seine Stimme im Parlament kann wichtiger sein als jede Gesetzesvorlage eines Ministers.

*Eckhard Ernst Kupfer ist deutscher Journalist, Direktor des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, Herausgeber der Jahrbücher des Instituts, Mitautor von “Fünf Jahrhunderte deutsch-brasilianische Beziehungen”, Kommentator der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 05 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br – Notícias.
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