Soziale Hausbesetzungen – von Eckhard Ernst Kupfer*

Was der Mensch zum Leben am nötigsten benötigt, ist Essen, Trinken und ein Platz wo er sich ausruhen und schlafen kann. Leider gibt es, besonders in den Großstädten, eine wachsende Zahl von Menschen die nicht die nötigen Voraussetzungen haben um sich ein noch so einfaches zu Hause zu leisten. Da sie nicht einfach auf der Straße oder unter Brücken leben wollten, schauten sie sich nach anderen Möglichkeiten um.

Dabei wurde festgestellt, dass in den Stadtzentren viele traditionelle Gebäude leerstehen. Es sind ehemalige Regierungsgebäude oder aber solche die mit der Zeit veraltet sind und kein normaler Mietbedarf vorhanden ist. Der Eigentümer zahlt dann auch keine Haussteuer mehr und im Laufe der Jahre steigt der Schuldenberg derart, dass das Immobil der Stadtverwaltung zufällt. Damit dies nun verhindert wird, hat sich mittlerweile eine Hausbesetzungswelle entwickelt.

Der Eigentümer setzt sich meistens über einen Rechtsanwalt mit den Sozialbewegungen der “sem tetos”  in Verbindung, animiert die Hausbesetzung durch Obdachlose, die wiederum von der Bewegung geführt und gesteuert wird. Diese stellt den Antrag auf Enteignung des Gebäudes und die Stadtverwaltung zahlt dem Eigentümer noch eine Enteignungsentschädigung, wovon die Sozialbewegung auch noch ihren Anteil erhält. Damit ist allen geholfen, nur die Stadtverwaltung bezahlt und muss für die Instanthaltung der Gebäude sorgen.

Da diese Art der Wohnungsbeschaffung überhand genommen hat, haben die Behörden schon lange die Übersicht verloren und Gebäude aus Privatbesitz werden genauso besetzt wie öffentliche. Was dabei entsteht, ist auf der einen Seite höchstens ein Ärgernis für die Anwohner, denn bei den Besetzungen zieht Drogenhandel, Prositution und Diebstahl mit ein, auf der anderen Seite aber eine Verantwortung für die Sicherheit der neuen Bewohner, für die sich niemand verantwortlich erklärt.

Dies alles geht so lange gut, solange nichts passiert. Wenn dann aber ein Brand entsteht wie jetzt in São Paulo und das gesamte Gebäude in sich zusammenfällt, Menschen zugedeckt und wieder obdachlos werden, dann ist das Jammern groß.

Mit den derzeit stattfindenden Hilfsaktionen wird das Problem jedoch nicht gelöst werden, denn allein in São Paulo sind derzeit etwa 80 Gebäude besetzt, die nicht die mindeste Sicherheit bieten. Sie alle müssten, renoviert, restauriert und sicher gemacht werden. Aber wer zeichnet dafür verantwortlich?

*Eckhard Ernst Kupfer ist deutscher Journalist, Direktor des Martius-Staden-Instituts in São Paulo, Herausgeber der Jahrbücher des Instituts, Mitautor von “Fünf Jahrhunderte deutsch-brasilianische Beziehungen”, Kommentator der Radiosendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden > Block 05 und Kolumnist bei www.brasilalemanha.com.br – Notícias.
E-Mail: ekupfer@martiusstaden.org.br