Der Karneval ist zu Ende, und auch in der Hochburg Rio de Janeiro ist das normale Leben wieder zurückgekehrt. Bei der Nachkarnevalspräsentation wurde die Siegerschule Beija Flor aber nicht nur gefeiert, vielmehr waren die Internet-Portals voll von Kritik, des Hauptthemas ihres Umzugs wegen.
Die Sambaschule aus dem Fluminense-OrtNilópolis hatte ihren Hauptwagen mit einer Reverenz für den Staat Guinea-Equatorial geschmückt. Das ist eine ehemalige portugiesische Kolonie, die am Rande Afrikas liegt und zu den ärmsten Staaten der Welt gehört. Seit man vor einigen Jahren Petroleum fand, fließt auch viel Geld in die Kassen dieses kleinen Staates, doch davon erhält das Volk wenig. Der Diktator TeodoroObiangNguemaMbasogo, der seit 35 Jahren das Land mit eiserner Faust regiert, und ausplündert, soll mit einem erheblichen Betrag den Umzug der Beija-Flor finanziert haben.
Nun ist man von Sambaschulen einiges gewöhnt, in früheren Jahren war es das Geld des „ jogo do bicho“, das die Sambaschulen kontrollierte, und sie damit faktisch zu einer Geldwaschanlage machte. Seit dieses so beliebte Lotteriespiel von den Straßen verschwand und vom elektronischen Geldspiel abgelöst wurde, mussten sich die Karnevalsvereine immer wieder nach neuen Sponsoren umsehen, denn ein Desfile kostet viel Geld, und ist nicht sehr einfach zu organisieren. So natürlich wie die politischen Parteien sich aus Spenden der Unternehmen Brasiliens finanzieren, so natürlich ist es, dass die Karnevalschefs ebenfalls auf jeden Spender zugehen der ihnen hilft ihre prunkvollen Präsentationen zu bezahlen. Ob es sich dabei um sauberes oder schmutziges Geld handelt, keiner schaut hin, und will es auch nicht wissen.
In einer Zeit, da aber die größte brasilianische Firma bis in den letzten Winkel durchleuchtet wird, und ein Korruptionsberg nach dem anderen auftaucht, ist auch die Öffentlichkeit in Brasilien sensibler geworden, und schluckt nicht mehr ohne weiteres, wenn ein afrikanischer Diktator direkt oder auch indirekt den Karneval von Rio finanziert. Schließlich bedeutet dieses Fest für Brasilien auf kulturellem Gebiet soviel wie die Petrobras auf wirtschaftlichem.
*Eckhard Ernest Kupfer ist der Direktor des Martius-Staden-Instituts in São Paulo und auch Kommentator bei der wöchentlichen RadioSendung AHAI – Die deutsche Stunde der Gemeinden